Tief hinab in die Höhlen von Pico

Nach drei Nächten auf Pico sind wir an unserem insgesamt 16. Tag unserer Azorenreise an unserem letzten vollen Pico-Tag angekommen. Bisher war die Reise auf Pico ziemlich intensiv und neben vielen schönen Orten auch geprägt von viel Fahrerei. An diesem Tag wollten wir mal wieder etwas kürzer treten und hatten nur noch den Besuch von zwei Höhlen auf dem Plan. Für den Nachmittag, zu 15:50 Uhr genauer gesagt, hatten wir nämlich bereits Tickets für eine Besichtigung der Gruta das Torres gebucht.

Da wir nicht allzu viel für diesen Tag geplant hatten, wollte Laura gerne noch ein Zeitraffervideo von einer Fähre machen, wie sie in den Hafen von Madalena einfährt. Nachdem sie herausgefunden hatte, dass die Fähre um 12:15 einfahren sollte, haben wir den Rest des Tages einfach um diese beiden “Termine” drumherum geplant.

Entfernung Stop
Hotel Alma do Pico
10 km in 11 Minuten
Furna da Frei Matias
12 km in 15 Minuten
Moinho Do Frade in den Weinbergen
3,5 km in 8 Minuten
Joao Quaresma Maritime Ferry Terminal
0,3 km in 3 Minuten
Mercado Bio
7 km in 10 Minuten
Gruta das Torres
6 km in 13 Minuten
Alma do Pico
= 38,8 km in 1:00 Stunden Fahrtzeit

Furna da Frei Matias

Nachdem wir in den Tag gestartet sind, war unser erstes Ziel auch schon die erste Höhle, die wir an diesem Tag besuchen wollten. Die Höhle war wieder ein “Geheimtipp” unserer Unterkunft und der Mitarbeiter hatte sich inzwischen sogar zwei mal die Zeit genommen, uns den Weg zu dieser Höhle genau zu erklären. Auf dem Weg zum Pico gäbe es irgendwo auf der linken Straßenseite ein kleines Gebäude. Schräg gegenüber, auf der rechten Straßenseite lägen dann zwei kleinere Hügel nebeneinander und hier sei auch die Höhle.

Wir hatten uns schon etwas auf Suchen eingestellt, weshalb wir auch schon recht früh losgefahren sind. Natürlich sind wir aber auch auf Nummer Sicher gegangen und haben die Höhle auch als Ziel in unsere Google Maps Navigation eingetragen.

Ca. um 09:30 Uhr haben wir aber schon erfolgreich das kleine Haus mit den beiden Hügeln entdeckt. In Richtung Hügel führte ein kleiner Feldweg bis zu einem verschlossenen Tor, das auf das Feld, welches vor den Hügeln lag, führte.

Auf diesem Feldweg haben wir unser Auto abgestellt, um von dort aus zu Fuß weiter auf die Suche nach der Höhle zu gehen. Direkt in den Bergen gab es tatsächlich ein großes Loch, aus dem die Pflanzen nur so herausquillten. In dieses Loch hinein führte eine ziemlich in die Jahre gekommene Steintreppe.

Die ganze Umgebung hier, insbesondere auch der Weg hier hin war schon ziemlich nass. Die Wiese vor den Bergen saß noch voll von Tau und auch den Pflanzen hier konnte man die Wassertropfen noch regelrecht ansehen. Paul ist hier zunächst allein herunter gegangen, um mal zu schauen, wie es so ist. Laura war die ganze Sache etwas zu rutschig, nass und voller Spinnenweben.

Je weiter es dies Treppe hinunter ging, desto dichter bewachsen war der ganze Bereich hier. Es war aber richtig spannend zu sehen, wie tief es hier runter ging, irgendwann war die “Oberfläche” ziemlich weit weg und Paul komplett im Loch verschwunden. Die gleichermaßen dichten wie feuchten Pflanzen haben auch einen Großteil des Schalls absorbiert, sodass wir auch nicht mehr richtig kommunizieren konnten.

Unten im Loch angekommen, gab es nach links eine große dunkle Höhle. Einen großen Schritt, und schon stand Paul mitten in der Höhle mit dunkelgrün bewachsenen Wänden und großen Steinen auf dem unebenen Boden. Hier musste man schon etwas aufpassen, wo man hintritt, eine (Handy-)Taschenlampe ist schon das mindeste, was man dabei haben sollte!

Auf der anderen Seite der Höhle dränge aber auch etwas Licht herein. Hier angekommen wurde klar, dass es hier einen zweiten Eingang in die Höhle gab, der etwas einfacher zu erreichen war, als derjenige durch das große, dicht bewachsene Loch, durch das Paul in die Höhle gekommen war.

Hier am zweiten Eingang (der sich, wenn man von der Straße in Richtung Hügel schaut rechts befindet), ist Paul kurz heraus gelaufen, um Laura hier auch mit in die Höhle zu geleiten. An dieser Stelle gab es übrigens auch eine Steintreppe, die in einem etwas besseren Zustand war, als die auf der anderen Seite. Gemeinsam haben wir die insgesamt doch recht kleine, aber dafür ruhige und schnucklige Höhle noch etwas betrachtet und fotografiert, bis wir wieder zum Auto zurück gelaufen sind.

Moinho Do Frade in den Weinbergen

Wir hatten noch etwas Zeit bis zur Fähreinfahrt. Da wir geometrische Strukturen aus der Luft bisher immer ziemlich beeindruckend fanden, wollte Paul gerne noch zu weiteren Weinbergen fahren, um hier noch ein paar Drohnenfotos zu machen.

Neben den Weinfeldern im Norden, nahe dem Flughafen, gibt es auf Pico auch im Nordwesten große Weinfelder. Leider ist hier jedoch beim letzten Orkan eine ganze Straße unpassierbar geworden. Diese Straße sollte, so der Mitarbeiter unserer Unterkunft, richtig schön gewesen sein, da sie zwischen dem Meer und den Weinfeldern entlang führte.

Trotzdem haben wir uns auf den Weg zu diesen Weinfeldern gemacht. Am ersten Viertel der Weinfelder steht eine alte Windmühle in den Feldern, die wir als Ziel für unseren Weinfeld-Besuch auserkoren hatten.

Der Weg, an dem die Windmühle stand, war jedoch nicht mit dem Auto befahrbar, weil sie viel zu eng war bzw. zu einem Einbahnstraßen-System gehörte. Als wir das verstanden haben, haben wir das Auto an einer breiten Straße geparkt.

Hier sind wir zunächst auf den Leuchtturm hinauf gelaufen. Die Weinfelder hier sind noch einmal beeindruckender, als die im Norden. Der Besuch hier hat sich wirklich gelohnt. Durch die Weinfelder führen immer mal auch Straßen und ein Mann, den wir am Leuchtturm getroffen hatten, erzählte, dass die Autos, die in diesem Moment über die Wege fuhren, gerade frisch geerntete Trauben geladen hätten.

Von hier aus konnten wir sehr gut die Drohne starten, um noch einen weiteren Überblick über die weiten Weinfelder aus der Luft zu bekommen – und um die tollen Strukturen, die die Felder auf dem Boden hatten, einzufangen.

Joao Quaresma Maritime Ferry Terminal

So gegen 11:50 Uhr sind wir am Hafen in Madalena angekommen und haben unseren Mietwagen nur ein paar Meter von dem Ort abgestellt, wo wir ihn ein paar Tage zuvor abgeholt hatten. Das Fährterminal liegt praktisch im regulären Hafen von Madalena, der insgesamt gar nicht allzu groß ist.

Direkt neben dem Hafengelände gab es ein langes Pier, das frei zugänglich ist und von wo wir auch einen schönen Blick auf das Hafenbecken hatten. Hier haben wir unsere Sachen aufgebaut, um das Einlauf-Spektakel würdig verewigen zu können.

Als alles Stand, passierte lange Zeit genau gar nichts. Das Wetter war aber angenehm, sodass wir es hier ganz gut aushalten konnten. Wir sind immer mal auch das Pier auf und ab gelaufen, haben mal einem Krebs beim über-die-Steine-wandern zugesehen und sonst gewartet.

Vom Pier aus konnte man über das Fährterminal hinweg übrigens die Türme der Kirche in Madalena sehen – mit dem Pico im Hintergrund. Credits für dieses Bild gehen an Laura:

Nach einer halben Stunde warten, fingen unsere Mägen langsam an zu knurren und wir fingen langsam an, unser Mittagessen zu planen. Um 12:30 sah die Hafeneinfahrt übrigens immer noch so aus:

Als wir gerade aufgeben wollten – weil die Fähre ja offenbar nicht kam – ging es plötzlich ganz schnell. Die Fähre tauchte zwar nicht exakt dort auf, wo wir sie uns erhofft hatten (direkt zwischen den beiden tollen Steinen), sondern sie kam von rechts, aber sie kam!

Mercado Bio

Wir hatten ja bereits am Hafen sitzend etwas nach einer Essensmöglichkeit geschaut. Laura hatte herausgefunden, dass der Mercado Bio, also ein Biomarkt im Ort, frisches Essen serviert, was wir ausprobieren wollten. Für Abends hatten wir nämlich ein Menü in unserer Unterkunft gebucht.

Der Mercado Bio lag an einer der Haupt-Innenstadtstraßen, direkt gegenüber von einem anderen Restaurant, dem Cafe 5 “Cinq”, das schon fast überquoll von Gästen. Der Mercado Bio sah von außen gar nicht wirklich nach einem Restaurant aus, obwohl man hier ziemlich gut sitzen konnte.

Im vorderen Teil des Ladens befand sich der eigentliche “Biomarkt-Verkaufsraum” und hinten standen einige Holztische mit Bänken. Insgesamt war das hier ziemlich nett gemacht und wir haben hier hinten kaum etwas von dem Verkaufsgeschäft vorn mitbekommen. Viel war vorne aber auch nicht los.

Wir haben zunächst richtig leckeres (aber starkes!) Knoblauchbrot und dann einen Burger bestellt. Laura hatte selbst geschnitzte Pommes und Paul chipsartige Pommes als Beilage bekommen. Das Essen war richtig gut und super frisch. Da wir hier die einzigen Essensgäste waren, konnte hier auch kein fertiges Essen auf seine Auslieferung warten, sondern musste frisch zubereitet werden.

Bis wir zur zweiten Höhle des Tages fahren mussten, hatten wir noch etwas Zeit. Unsere Führung sollte ja um 15:30 Uhr starten. Die Zwischenzeit haben wir mit einem kurzen Mittagsschlaf in unserer Unterkunft verkürzt – Urlaub ist nun mal auch Entspannung. 😄

Gruta das Torres

Eine halbe Stunde vor dem Beginn unserer Führung durch die Gruta das Torres sind wir losgefahren, um hier rechtzeitig anzukommen – wir sollten nämlich eine Viertelstunde vorher da sein. Google Maps veranschlagt für den Weg von unserer Unterkunft zur Höhle zwar nur 11 Minuten, aber da wir nicht wirklich wussten, wo wir hin mussten, wollten wir lieber auf Nummer Sicher gehen.

Das war tatsächlich eine richtig gute Idee: Wir haben für den Weg 20 Minuten gebraucht, weil Google Maps uns eine gefühlte Ewigkeit über miserabelste Schotterfeldwege mitten durch’s Nirgends geführt hat. Die Gruta das Torres liegt zwar im östlichen Hochland der Insel, ist aber eigentlich ganz gut über die Straßen zu erreichen. Der nächste Ort, Criação Velha, liegt nur 3 km entfernt – und durch diesen Ort führt sogar die Hauptstraße. Auf unserem Hinweg zur Höhle haben wir von diesem Ort aber überhaupt nichts gesehen, sondern sind komplett hinter dem Ort durch die Felder gefahren.

Die Gruta das Torres ist eine vollkommen naturbelassene Höhle, die man nur mit einer Führung besuchen durfte. Führungen wurden mehrmals täglich angeboten, wobei die Frequenz wegen Corona etwas zurückgefahren wurde. Auf diese Weise war unsere Gruppe recht groß – als wir hier im modernen Eingangsgebäude ankamen waren bereits einige weitere Leute da, die mit uns die Tour machen wollten.

Unsere Tickets für die Tour durch die Höhle hatten wir im Voraus bereits in unserer Unterkunft gekauft. Dort konnten wir einen “Voucher” kaufen, der uns pro Person zwei Euro gespart hat, zusammen haben wir so 12 € für die Tickets bezahlt.

In der Höhle war, wie auch in den beiden Höhlen auf Terceira, die wir schon besucht hatten, Maskenpflicht. Ein Paar, das kurz nach uns ankam, hatte seine Masken jedoch vergessen. Die Nachfrage, ob sie die Führung nicht auch ohne Masken mitmachen könnten, wurde jedoch strikt verneint. Stattdessen wurde ihnen empfohlen im nahegelegen Ort neue Masken zu kaufen. Nachdem sich das Paar noch mindestens 10 Minuten lang aufgeregt hat, lautstark auf niederländisch geflucht hat und alle anderen Menschen mehrfach gefragt hat, ob sie nicht noch Masken dabei hätten, haben wir sie (recht spät) doch davon überzeugen können, noch schnell Masken in der Stadt kaufen zu fahren.

In den ersten Minuten unserer Führung ging es vom Vorraum aus in einen kleineren Raum mit Stühlen und einem Fernseher, auf dem ein Einführungsfilm zur Höhle gezeigt wurde. Hier gab es einige Infos, wie die Höhle entstanden ist (abströmende Lava, die Hohlräume hinterlassen hat) und dass es unzählige dieser Höhlen auf diesen Vulkanischen Inseln gäbe. Zudem wurde erklärt, dass an den Höhlenwänden einzigartige Mikroorganismen leben, die es sonst nirgends auf der Welt gäbe und man die Wände deshalb unter keinen Umständen anfassen sollte, um die Organismen nicht zu gefährden.

Hier sitzend wurden wir mit Haarnetzen und Helmen und mit Taschenlampen ausgestattet, da es in der Höhle keine Lampen gibt. Ungefähr 5 Minuten nach dem Film kamen auch die Niederländer mit ihren frisch gekauften Masken zurück und konnten mit uns die Höhlenführung starten.

Wie so häufig begann der Weg in die Höhle mit einer langen Treppe nach unten. Je tiefer die Treppe nach unten führte, desto dunkler wurde es und irgendwann machte es schon wirklich Sinn, die Taschenlampen anzumachen. Die Treppe endete unten auf einem Betonsockel in der Höhle. Von hier aus konnten wir an den Höhlenwänden schon den grünen Schleier der besagten Mikroorganismen erkennen. Unsere Guidin hat uns noch einmal erklärt, dass die Mikroorganismen bis heute noch aktiv erforscht werden und wir immer noch nicht alles von ihnen wissen. Es scheint offenbar noch nicht einmal klar zu sein, ob sie giftig sind. Das Englisch unserer Führerin konnte man übrigens sehr gut verstehen.

Irgendwann endete der Betonsockel und wir liefen über eine Stufe auf den rauen, unebenen Lavaboden. Hier hat uns die Führerin noch einmal genau gezeigt welcher Boden bei welchen Lavaströmen entsteht und anhand verschiedener Beispiele hier in der Höhle gezeigt, wie das ganze aussieht.

Ein paar Schritte weiter, um eine kurze Kurve, haben wir alle unsere Taschenlampen ausgemacht und standen im völligen Dunkel. Es ist immer wieder spannend zu beobachten, wie alle Leute, egal wie redefreudig sie bisher waren, in so einer Situation schlagartig ruhig werden.

An der Decke gab es immer wieder Stalaktiten, also Gesteine, die sich aus den Mineralien des Wassers bilden, das von der Decke tropft (siehe Konzept einer Tropfsteinhöhle) – die Steine sind ziemlich Spitz und einer der Gründe, warum es sich lohnt hier in der Höhle einen Helm zu tragen. Über die Zeit sind aber auch schon einige Stalaktiten abgebrochen, weil jemand dagegen gelaufen ist – ziemlich schade, weil das Abbrechen recht schnell geht und zum Wachsen Jahrhunderte vergehen.

An einer Stelle an einer Wand konnte man einen Text lesen, der aussah als sei er mit Farbe aufgemalt worden. Hier stand irgendwas von “MALAGA […] /03 […]“, wahrscheinlich stand dieser Text seit 2003 hier an der Wand. Unsere Höhlenführerin erklärte uns, dass dieser Text hier an der Wand durch bloßes Streichen mit dem Finger entstanden sei, jedoch zu einer Zeit, wo die Höhle noch frei zugänglich war und nicht kontrolliert wurde. Dort, wo nun der Text zu sehen ist, lebten lediglich keine Mikroorganismen mehr und der blanke, dunkle Stein hinter der lebendigen Schicht, käme zum Vorschein. Die Kleinstlebewesen hatten es offenbar in den letzten knapp 20 Jahren nicht geschafft, den toten Bereich wieder zu besiedeln. Hier unten, fernab von der lauten Zivilisation, kommt einem der Mensch wieder einmal so verdammt zerstörerisch vor.

Irgendwann konnten wir uns noch etwas freier in der Höhle bewegen, wobei man schon echt aufpassen musste, wo man hintritt, weil der Boden ziemlich uneben war – und irgendwann war die Führung dann zu Ende. Wir sind gemeinsam mit der Führerin als letztes aus der Höhle heraus gelaufen und haben echt noch nett mit ihr gesprochen. Sie war richtig euphorisch, was Höhlen angeht (passender Job dazu, würden wir sagen) und fand es so schade, dass überall die Höhlen so verändert werden – sei es durch betonierte Wege, verlegen von Stromkabeln oder sonst was. Das eigentliche Höhlenerlebnis ginge so verloren. Damit hat sie aus unseren Augen vollkommen recht, die Höhle hier war in dieser Hinsicht etwas sehr besonderes.

Beim Herausgehen fielen uns noch einige Flaschen auf dem Boden neben der Betonplattform am Beginn der Höhle auf. Auf Nachfrage erklärte die Mitarbeiterin uns, dass dies lokaler Wein sei und die Kelterer immer wieder mit ihrem Wein experimentieren. Ein aktuelles Experiment sei wohl die Lagerung des Weines in Höhlen.

Auf unserem Rückweg von der Höhle sind wir nicht durch das nirgends gefahren, sondern haben uns an die größeren Straßen gehalten. Das hat sich als gute Entscheidung herausgestellt. Hier im Ort konnten wir auch schon mal tanken, um am nächsten Morgen, wo es für uns schon wieder zum Flughafen ging, etwas mehr Zeit zu haben.

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